Sonntag, Februar 03, 2008

Cloverfield

Wow, ich bin verwirrt. Das virale Internet-Marketing hat mich zunächst richtig heiß auf den Film gemacht. Als der erste Teaser erschien, dachte ich mir: "Geil, ein Monsterfilm von J.J. Abrams. Könnte geil werden." Dann ging auf diversen Websites das große Rätselraten los, wie das Monster aussehen könnte und was überhaupt die Story ist. Zahllose virale Webpages wurden gestreut, die aber auch kein Licht ins Dunkel bringen konnten.
Dann stellte sich heraus: Das Ding besteht komplett aus Handkamerabildern. Toll! Wie soll denn dabei ein vernünftiger Film rauskommen? Mein Interesse wich der Gleichgültigkeit. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das Vorhaben, einen Monsterangriff auf New York nur aus der Sicht einer kleinen Gruppe von Personen zu schildern, funktionieren würde. Und so bin ich eher aus einer Laune heraus ins Kino gegangen. Eigentlich wollte ich mir ja "The Mist" ansehen, entschied mich dann aber doch für "Cloverfield". Und verdammt ... es hat sich gelohnt!

Alles fängt mit einer Abschiedsparty für Rob an, der am nächsten Tag nach Japan fliegen will, um dort einen job anzutreten. Sein Kumpel Hudson soll das Partygeschehen filmen und ein paar Statements der Gäste einfangen. So weit, so gut. Gerade als es anfängt, langweilig zu werden, macht es "BUMM". Das Apartement wird durchgeschüttelt, der Strom ist kurz weg. In einer Nachrichtensendung wird gesagt, dass ein Öltanker vor New York gekentert ist und es scheinbar schwere Gebäudeschäden in Hafennähe gab. Die versammelten Partygäste gehen aufs Dach des Apartementhauses, um vielleicht einen Blick zu erhaschen. Und dann geht's los: Trümmer einer Explosion fliegen durch die Luft, alle rennen auf die Straße, nur um beinahe vom abgetrennten Kopf der Freiheitsstatue erschlagen zu werden, der wie aus dem Nichts vor ihnen auf dem Asphalt landet. Irgend etwas nimmt ein Hochhaus auseinander, und Erinnerungen an den 11. September werden wach, als nach dem Zusammensturz des Hauses eine riesige Staubwolke durch die Häuserschluchten fegt. Etwas Großes stampft vor dem Laden vorbei, in den die Gruppe sich gerettet hat. Und genau jetzt geht der Spaß erst richtig los.

Obwohl man nur sehr wenig vom Monster und dem Chaos, das es anrichtet, sieht, ist "Cloverfield" sehr viel intensiver als der amerikanische "Godzilla" (mir fällt gerade kein besserer Vergleichsfilm ein). Wo Emmerich möglichst spektakulär Häuser auseinandernimmt und mit CGI protzt, sieht man in "Cloverfield" gerade so viel vom Kampf des Militärs gegen die Kreatur, dass man sich ein Bild davon machen kann, während die umher irrende Gruppe sich zum Beispiel in eine U-Bahn-Station zurückzieht. Das ständige Stampfen von oben genügt, um zu wissen, dass dort gerade die Hölle los ist.
Gelegentlich fragt man sich zwar, warum in drei Teufels Namen die Deppen ihre Kamera selbst in Todesgefahr weiter laufen lassen, aber wenn dem nicht so wäre, gäb's ja auch keinen Film. Die Darsteller machen ihre Sache jedenfalls sehr gut, alles wirkt tatsächlich authentisch. Ebenfalls super sind die Effekte. Zumindest größtenteils, denn besonders eine Nahaufnahme des Monsters gegen Ende wirkt doch arg künstlich. Dazu kommt, dass mir das Design des Viechs nicht sonderlich zusagt. Es sieht aus, wie eine Kreuzung aus Fledermaus und Tintenfisch, dem Ding fehlt einfach Charakter. Außerdem hätte ich mir etwas mehr Hintergrundinformationen gewünscht. Nicht unbedingt zum Monster selbst (woher auch, das Vieh taucht ja ohne Vorwarnung auf), aber speziell eine Szene in einem Lazarett hat mich dann doch etwas irritiert. Da wird nur hektisch gebrüllt "Sie wurde gebissen! Ein Biss!", gefolgt von spritzendem Blut, aber eine Erklärung, was es mit besagtem Biss auf sich hat und warum das Blut spritzt, gibt es nicht.
Da der Film wohl sein, angesichts der gezeigten Zerstörung, erstaunlich niedriges Budget bereits mehrfach wieder eingespielt hat, ist eine Fortsetzung ziemlich sicher. Ich weiß ja nicht, was Produzent J.J. Abrams und Regisseur Matt Reeves vor haben, aber ich würde das folgendermaßen angehen: Keine Handkamera und Einzelschicksale mehr (wäre witz- und sinnlos), sondern stattdessen den Angriff noch einmal als "richtigen" Film zeigen und dabei auch Erklärungen liefern. Erklärungen scheinen allerdings eine Schwäche von Abrams zu sein, wenn ich mir so seine Serie "Lost" ansehe ;)

Fazit: Unglaublich intensiver und spannender Monsterfilm aus einer etwas anderen Perspektive. Unbedingt Ansehen!

Wertung: 4,5 von 5

4 Kommentare:

  1. na toll! auf deine einen Seite sagen alle: "guck dir the Mist an!" und nochma ganz woanders rufen sie: "Guck dir Cloverfield an!" Was ist das Resultat? Ich bin verwirrt und weiß nicht welchen Film ich gucken soll.

    Aber das mit der Kamera ist doch ganz einfach: Die waren von der Lebensgefahr wahrscheinlich so schockiert dass da keiner an die Kamera gedacht hat ^^

    Den Biss könnte ich jetzt auch erklären aber das würde zu weit führen. Außerdem müsste ich dann den Film gucken ^^

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  2. Anonym9:52 PM

    Ganz so euphorisch sehe ich Cloverfield zwar nicht, aber finde auch, dass ohne Blair Witch Style mehr drin gewesen wäre.

    Trotzdem schön, dass es solche Filme noch gibt. Da fällt mir ein, dass ich mal die endlich die Gamera-Filme und die Millenniums-Godzillas sehen muss ("Final Wars" war aber nix).

    Meine Cloverfield-Rezi

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  3. Geiler Film. Absolut geil. Ich weiß zwar auch nicht, was das Monster darstellen sollte aber gut.. Die SPOILER (ich werde niemanden etwas verraten) haben mich allerdings an mutierte Riesenspinnen erinnert. Und der Biss sah auch wie von einer Tarantel aus, nur irgendwie noch heftiger. Auf jeden Fall sehr geil. Genau das habe ich erwartet. Keine unnötigen Erklärungsversuche usw.

    Einzig die Charaktere wirkten ein wenig farbarm. Soll heißen, es gab kaum emotionale Bindungen zu ihnen. Hatte nicht so ganz funktioniert.

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  4. Anonym1:59 PM

    Eigentlich wäre "Cloverfield" für mich ein klarer Fall für einen Kinobesuch gewesen, die Thematik interessiert mich durchaus. Aber nachdem ich Teaser/Trailer gesehen habe wurde ich dermaßen abgeschreckt, das war Anti-Werbung in Reinkultur. Dann las ich noch dass der komplette Film in dieser katastophalen Handwackelkamera gedreht worden ist - nee also darauf habe ich keine Lust gehabt!

    Sicher werd ich "Cloverfield" auf DVD irgendwann nachholen, die Betonung liegt auf "irgendwann".. ;-)

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