Samstag, November 25, 2006

Ich lauf gleich Amok ...

Ich bin ziemlich in Rage. Bei dem ganzen Schwachsinn, der zurzeit in den Medien in Bezug auf "Killerspiele" abgeht, kommt mir echt der Kaffee hoch. Sicher mag das, was in manchen Spielen abgeht, auf Außenstehende, die sich nie mit der Materie beschäftigt haben, unglaublich skandalös wirken - aber solche Spiele waren nie für Kinder und Jugendliche gedacht. Politiker und andere "Gutmenschen" gehen da nach dem gleichen Prinzip vor, wie diejenigen, die etwa Zeichentrickfilme als "für Kinder gemacht" abstempeln: Kommt es etwa in einem Anime zu Gewaltexzessen, ist man entsetzt, dass sowas auf die armen Kleinen losgelassen wird. Die Altersfreigabe wird dabei nicht beachtet. Genauso verbindet man Videospiele immer noch mit den piepsenden, grobpixeligen Games der 80er und kümmert sich einen Dreck darum, was der Nachwuchs zockt. Ist ja schließlich alles harmlos und für die lieben Kleinen gemacht.
"Nö!" kann ich da nur sagen. Videospiele haben sich seit den eckigen Anfangszeiten ganz schön weiterentwickelt und sind meiner Meinung nach mit Filmen gleichzusetzen. Würde ich als Elternteil auf die Idee kommen, meinem Nachwuchs etwa "Texas Chainsaw Massacre" oder "Urotsukidoji" zu kaufen? Nein, würde ich nicht, weil ich dank der Altersfreigabe klar erkennen kann, dass das nichts für Kinder ist. Dieses Bewusstsein fehlt dem Großteil der Bevölkerung allerdings in Bezug auf Videospiele. Der Schrei nach staatlicher Zensur (nichts weiter ist das viel diskutierte Verbot von "Killerspielen") oder gar der Vergleich solcher Spiele mit Pornographie und dem Holocaust (jüngst von der "Welt" gebracht) ist das Resultat davon, dass die ältere Bevölkerungsschicht einfach nicht gelernt hat, sich dem Fortschritt anzupassen. Mich erinnert das alles an die Diskussionen um Comics, Rockmusik und Horrorfilme. Hat sich eigentlich alles erledigt. Keiner würde heute mehr auf die Idee kommen, etwa die Beatles oder die Rolling Stones verbieten zu wollen. Wie soll das Verbot eigentlich aussehen? Schottet man Deutschland komplett vom Rest der Welt ab? "Die ganze Erde wurde von Killerspielen erobert, doch ein kleines Land leistet immer noch Widerstand gegen das große Übel"? Mal ganz im Ernst: Wie viele Kids kaufen sich ihre Spiele eigentlich? Was würde ein Verkaufsverbot also bringen, wenn der Kopientausch auf dem Schulhof fleißig weitergeht? Internet abschalten? Könnte helfen. Staatliche Volksmusik-Verordnung? Tötet bestimmt die Hirnzellen ab, die nach Killerspielen lechzen. Nur was tun wir in unserer heilen Welt, wenn mal wieder einer Amok läuft? Freies Denken verbieten?
Ich bin dafür, gewisse bayerische Politiker zu verbieten. Statt nämlich nach den wahren Hintergründen der Schulmassaker zu suchen, schwingt man schnell die Killerspiel-Verbots-Keule. Das ist schließlich gut für die Popularität unter den gut-christlichen Wählern. Die wahren Beweggründe sind aber vielmehr im sozialen Umfeld zu suchen. Im Abschiedsbrief schreibt School-Shooter (Amokläufe sind spontan und nciht geplant!) Sebastian sogar, dass ihn das Mobbing in der Schule fertig gemacht hat. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Sprösslinge wohlhabender Eltern ziemlich fies sein können, wenn man sich nicht der Schicki-Welt anpasst. Auch Lehrer sind bisweilen ziemlich grausam, wenn ihnen ein Schüler nicht passt. Genau hier sollte man ansetzen, anstatt seine Zeit mit Verbotsdebatten zu vergeuden. "Killerspiele" sind nicht etwa der Auslöser für School-Shootings, sondern liefern lediglich die kreative Vorlage für die Verwirklichung solcher Rachegelüste. Außerdem kann man anhand von Ego-Shootern kaum die Benutzung einer echten Waffe trainieren. Wohl aber in Schützenvereinen, die besonders in Bayern ja sozusagen zur Kultur gehören. Aber Spiele für Erwachsene sind wohl nicht mit dem christlichen Glauben von Stoiber, Beckstein und Co vereinbar. Moment ... wer hat damals nochmal Frauen gefoltert und bei lebendigem Leib verbrannt? Wer hat Millionen Menschen abgeschlachtet, um das "gelobte Land" zu erobern? Waren das die Christen? Nee, glaub ich nicht! Das müssen Killerspieler gewesen sein, die auf die christlichen Werte pfiffen. Also weg mit dem ganzen Dreck, den keiner braucht!

5 Kommentare:

  1. Da kann ich dir nur voll zustimmen. Die wahren Probleme werden ausgeblendet und die Lücke mit Polemik überdeckt. Zum Thema Christenheit kommt ja aber demnächst das passende Spiel „Assassin’s Creed“.

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  2. Schick doch mal diesen Beitrag an eine Zeitung. Denn, die ältere Generation liest Nachrichten nur in Form von Gedrucktem; das Internet ist eine Materie mit der sie sich nicht befassen.
    Könnte aufrütteln...

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  3. Anonym7:22 PM

    Lol man könnte den Leuten auch die Worte im Mund umdrehen :

    "Wenn es keine Killerspiele mehr gibt , lauf ich Amok"

    Aber Zensur herrscht zur zeit schon :

    Wenn ich in der schule das wort amok lauf sagen würde :

    Ich würde besuch bekommen von der polizei -> sie würde eine softair ab 14 jahren finden die ich legal gekauft habe und die inzwischen kaputt ist und sie würde battlefield 2 finden.
    Schwups säße ich vorm Jugendrichter

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  4. die leute die so über Spiele reden haben mit sicherheit eins in die hand genommen bzw gespielt.

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  5. Anonym5:02 PM

    Hey Kai,
    vielleicht intressiert dich das hier:

    http://www.n24.de/news_stories/article.
    php?articleId=87348&teaserId=87849

    Scheint ganz so als hätte man einen neuen Sündenbock neben Counterstrike gefunden...

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